Bei Erbfällen mit Auslandsbezug stellt sich die Frage, ob bei der Nachlassregulierung heimatliches Erbrecht oder ausländisches Erbrecht anzuwenden ist?
Je nach Sachverhalt und Testamentsgestaltung können Erbfälle mit Auslandsbezug komplexe Formen annehmen. Jeder Fall muss einzeln geprüft werden. Die Frage, welches Erbrecht Anwendung findet, spielt dabei eine zentrale Rolle.
Rechtsquellen
- Eine Übersicht über die Rechtsquellen des internationalen Erbrechts finden Sie hier: www.internationales-erbrecht.de/verein/startseite
- Schweiz: Bundesgesetz über das Internationale Privatrecht (IPRG) - Artikel 90 und fortfolgende
- Deutschland und Österreich: Seit dem 17. August 2015 gilt die Europäische Erbrechtsverordnung (EU-ErbVO) Artikel 21 und fortfolgende
- Thailand: Conflict of Laws Act - Section 37 und fortfolgende
Diese Gesetze regeln, welches Erbrecht auf einen internationalen Erbfall anzuwenden ist.
Begriffliches
Der Begriff "internationales Erbrecht" ist irreführend. "International" bezieht sich auf den Sachverhalt, nicht etwa auf ein Gesetz. Es geht um erbrechtliche Sachverhalte, bei denen eine Auslandsberührung vorliegt. Das internationale Erbrecht ist ein Teilgebiet des Internationalen Privatrechts (IPR), auch bekannt als Kollisionsrecht.
Hauptzweck des Kollisionsrechts
Das internationale Erbrecht befasst sich hauptsächlich mit den zwei Fragen:
- welches nationale Erbrecht wird auf den Erbfall angewendet?
- welches Gericht ist zuständig?
Anwendbares Recht
- Für Deutsche und Österreicher: Für Erbfälle ab dem 17. August 2015 unterliegt das gesamte Nachlassvermögen dem Recht des Staates, in dem der Erblasser zum Zeitpunkt seines Todes seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt hatte (Art. 21 EU-ErbVO). Das heisst, auch das sich in Deutschland befindliche Nachlassvermögen unterliegt dem Thailändischen Recht mit Ausnahme der Immobilien - diese unterliegen dem Deutschen Recht (Clause 37 Conflict of Laws).
- Für Schweizer: Für Schweizer gilt im Ergebnis das selbe (Art. 91 IPRG und Clause 37 Conflict of Laws).
Rechtswahl
Wenn Sie Ihren gewöhnlichen Wohnsitz im Ausland haben, aber dennoch möchten, dass im Falle Ihres Todes das Recht Ihres Heimatlandes angewendet wird, müssen Sie eine entsprechende Rechtswahl treffen (Art. 91 Abs. 2 IPRG resp. Art. 22 Abs. 1 EU-ErbVO).
Aus Gründen der Rechtssicherheit ist eine testamentarisch geregelte Rechtswahl in allen Fällen zu empfehlen.